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1978
US-Fernsehserie „Holocaust“

Die Serie "Holocaust - Die Geschichte der Familie Weiss" löste 1978 nach ihrer Ausstrahlung in den USA und ihrer Übertragung nach Westdeutschland eine öffentliche Debatte aus und führte zu einem Umdenken bezüglich der NS-Vergangenheit und der deutschen Mitverantwortung.

In den späten 1970er Jahren wurden in den USA Miniserien eingeführt, die schwierige Themen mit historischem Hintergrund aufgriffen und zur öffentlichen Diskussion anregten. Der TV-Sender NBC beauftragte den Drehbuchautor Gerald Green und den Regisseur Marvin Chomsky, die Geschichte des Holocaust in Form einer Dramaserie zu erzählen. Die Fokussierung lag dabei auf dramatischen Handlungen, während historische Genauigkeit in den Hintergrund trat. Die Außenaufnahmen fanden in Westdeutschland und Österreich statt, wobei der Berliner Stadtteil Wedding das Warschauer Ghetto repräsentierte. Die Serie erstreckte sich über vier Folgen und erzählte das Leben zweier deutscher Familien von 1935 bis 1945. Die jüdische Familie Weiss symbolisierte die verfolgten Jüd*innen während der NS-Zeit, während die katholische Familie Dorf die Täter*innenrolle widerspiegelte. In Westdeutschland der 1970er Jahre gab es wenig Bereitschaft, sich mit der eigenen NS-Vergangenheit oder familiären Verstrickungen auseinanderzusetzen. Die Serie veränderte diese Haltung, indem sie den Fokus von anonymen Massenmorden auf individuelle Schicksale lenkte. Dies führte zu einer ersten öffentlichen Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit in den USA und Westdeutschland, insbesondere unter jenen, die nicht direkt von Verfolgung betroffen waren. Die Serie erreichte 15-20 Millionen Zuschauer*innen und etablierte den Begriff "Holocaust" als gängige Bezeichnung in Westdeutschland, während zuvor meist vom "Völkermord an den Jüd*innen" die Rede war. Allerdings gab es auch Kritik an der Serie. Der jüdische Historiker und Shoah-Überlebende Elie Wiesel bezeichnete sie als trivial, da sie mit Stereotypen auf Täter*innen- und Opferseite spiele. Er betonte, dass nur Überlebende des Holocaust das Recht hätten, die Geschichte der NS-Zeit zu erzählen. Das Format einer fiktiven Serie mit historischen Ungenauigkeiten für dramatische Effekte hielt er für ungeeignet. Zudem wurde bemängelt, dass beide Familien nahezu alle Stationen der NS-Zeit durchliefen, was in der Realität nicht möglich gewesen wäre.
In Westdeutschland war in den 1970er Jahren noch keine breite Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit entwickelt und Fragen der Verstrickung oder Mittäterschaft innerhalb der eigenen Familie nicht thematisiert worden.
Germany
Additional Resources
  1. Susanne Brandt. Wenig Anschauung? Die Ausstrahlung des Film „Holocaust“ im westdeutschen Fernsehen (1978/79) In: Erinnerungskulturen. Deutschland, Italien und Japan seit 1945. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuchverlag.
  2. Jens Müller-Bauseneik. “Die US-Fernsehserie ‚Holocaust‘ im Spiegel der deutschen Presse (Januar – März 1979). Eine Dokumentation.”. In: Historical Social Research / Historische Sozialforschung (HSR).
  3. “Film und Fernsehen als Medien der gesellschaftlichen Vergegenwärtigung des Holocaust. Die deutsche Erstausstrahlung der US-amerikanischen Fernsehserie Holocaust im Jahre 1979”. Historical Social Research / Historische Sozialforschung (HSR), Vol 1.
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